BRUNNENMARKT – Multikulti und ein bisschen Urlaub in Ottakring

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Der Marktschreier erobert die Menge – der Stille erobert sich. Georg Kaiser (1878-1945)

Eigentlich bin ich gerade auf Urlaub. Oder zumindest auf Wochenendtrip, das ist ja manchmal nur eine Definitionsfrage. Zu Besuch bei meiner Brieffreundin Sebnem in Izmir in der Türkei. Eigentlich… denn in Wahrheit bin ich hier und verbringe ein völlig reisefreies Pfingstwochenende in Ottakring. Auch nicht schlecht, werden sich einige von euch denken. Ja, eh… Aber wenn man EIGENTLICH in der Türkei wäre, ist Ottakring halt nur die zweitbeste Alternative. Wobei… ein bisschen fühlt es sich auch hier wie in der Türkei an.Brunnenmarkt 13

Noch nie ist es mir bei all meinen Reisen passiert, dass ich einen Flug verpasst habe. Ich habe auch diesen nach Izmir am Freitag nicht verpasst. Ich war nur etwas knapp am Flughafen – 58 min vor Abflug. Zu knapp für den namenlosen Trainee am Sunexpress-Schalter am Flughafen, denn der hatte gerade seinen Computer am Check-in abgedreht und weigerte sich standhaft, ihn wieder anzuschalten und mich doch noch mitzunehmen. Genauso wie er sich weigerte, mir seinen Namen bekannt zu geben oder mir zu sagen, wo sich denn gerade sein Chef aufhielt. Es gab also viel Ärger und laute Worte am Flughafen, am Ergebnis hat sich allerdings nichts geändert. Ich durfte nicht mehr mit und da alle anderen Möglichkeiten, an diesem besagten Freitag vor Pfingsten noch in die Türkei zu fliegen unerschwinglich teuer waren, machte ich mich supergrantig wieder auf den Weg nach Hause.

Und weil man, wenn einem schon die ganze Urlaubs-Stimmung vermasselt wurde, nicht einfach zu Hause sitzen und Blog schreiben oder Nichts tun kann, machte ich mich auf den Weg dorthin, wo man in Wien ganz schnell in fremde Welten eintauchen kann: auf den Brunnenmarkt im 16. Bezirk. Hier findet man alles, was Multikulte-Herz begehrt. Hier treffen Döner-Buden auf Würstel-Stände, hier findet man Obst und Gemüse aus aller Herren Länder, immer frisch und knackig, Gewürze, von denen man zuvor noch nie gehört hat.

Man findet Kinderspielzeug genauso wie Blumen oder Kleiderschürzen für die Oma. Es gibt Fleisch, bei dem man sich wundert, dass das wirklich jemand kauft (von Mägen über ganze Schafsköpfe bis zu wirklich leckeren Filetstücken hab ich dort alles schon gesehen) und Fisch – manchmal sogar noch lebendigen.

So vielfältig und unterschiedlich wie die Art der angebotenen Waren sind auch die Menschen, die man am Brunnenmarkt antrifft. Von alteingesessenen Marktstandlern – die leider immer weniger werden – über orientalische Verkäufer mit Turban und lautstark rufende Gemüsehändler („Alles nur 1 Euro!!!“) bieten alle ihre Waren an und auch das Publikum ist sehr gemischt. Männer sitzen auf klapprigen Stühlen bei den Ständen und rauchen Shisha, verhüllte Frauen mit Hijab und Gesichtsschleier sind ebenso anzutreffen wie Einheimische, und auch unser Bundespräsident wird des Öfteren am Brunnenmarkt gesichtet.

Schlendert man die Brunnengasse weiter, so kommt man unweigerlich zum Yppenplatz. Hier spielt sich die „Ausgeh-Szene“ des 16. Bezirks momentan ab, hier trifft man sich, um gemütlich zu flanieren und in dem ein oder anderen Lokal Freunde zu treffen oder kulinarische Köstlichkeiten auszuprobieren. Es reiht sich Lokal an Lokal – vom Beisl über den alteingesessenen Türken „Kent“ zur Weinbar oder dem kleinen italienischen Delikatessenladen mit nur wenigen Stehtischen ist alles vertreten. Auch ein Nobel-Imbiss hat sich niedergelassen und konkurriert mit dem alteingesessenen „Club international“ um Kundschaft. Es fällt nicht schwer, sich auf der Dachterrasse vom „Wirr“ in Urlaubsstimmung versetzen zu lassen. Bis Sperrstunde ist, kann man an lauen Sommerabenden draußen sitzen und das emsige Treiben beobachten oder den ein oder anderen Cocktail trinken.IMG_0329

Am Samstag Vormittag verwandelt sich der Yppenplatz in einen Bauernmarkt. Vom Brunnenmarkt kommend, wo man sich bereits mit den „Basics“ eingedeckt hat, kann man nun das ein oder andere Gustostückerl aus der Region erwerben. Der Andrang ist groß, da Publikum wird etwas elitärer, wenn sich auch aus der angrenzenden Josefstadt Menschen mit ihrem Dirndl und Bastkorb ins Getümmel werfen. Einen Besuch auf dem Brunnenmarkt am Samstag Vormittag verbindet man gleichzeitig mit einem gemütlichen Frühstück in einem der vielen Lokale, wenn denn alle Einkäufe erledigt sind und sich noch ein freies Plätzchen findet. Ganz unterschiedliche Dinge werden da angeboten und „Frühstück“ ist hier ein eher dehnbarer Begriff, der auch um 15 Uhr oft noch seine Berechtigung hat.

Gründe um auf den Brunnenmarkt und den Yppenplatz zu kommen gibt es viele, dazu braucht es keinen verpassten Flug in die Türkei. Dazu reicht ein ganz normaler Samstag Vormittag zum Einkaufen oder ein während der Woche, an dem man sich mit Freunden treffen will. Und wenn man aus dieser doch etwas anderen Welt wieder nach Hause kommt, fühlt man sich immer ein bisschen, als wäre man doch auf Urlaub gewesen.

Mein Brunnenmarkt-Tipp: Am Yppenplatz 7 befindet sich die kleine Weinbar Trugsitz, wo man in heimeliger Atmosphere das ein oder andere Gläschen verkosten kann. Es ist mir immer wieder eine Freude…!

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8 comments on “BRUNNENMARKT – Multikulti und ein bisschen Urlaub in Ottakring”

  1. Danke für den Artikel. Der Brunnenmarkt in Ottakrieng kommt auf meine Löffelliste. Wenn ich wieder daheim bin also in Österreich, schau ich mir den mal an.
    Liebe Grüße
    Steffi

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  2. Liebe Christina, vielen Dank für den schönen Artikel über den Brunnenmarkt! Gefällt mir sehr gut und wird sicherlich Bestandteil meiner nächsten Wien Reise!

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    1. Vielen Dank, liebe Steffi! Freut mich, dass der Brunnenmarkt dein Interesse geweckt hat! Falls du dort einen “Local guide” brauchst – melde dich jederzeit gerne!
      Liebe Grüße, Christina

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