TRANSNISTRIEN – nie was von gehört, oder??

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Wer reisen will,
muss zunächst Liebe zu Land und Leute mitbringen,
zumindest keine Voreingenommenheit.
Er muss guten Willen haben, das Gute zu finden
anstatt es durch Vergleiche tot zu machen.
Theodor Fontane (1819 -1898)

Also noch nie in meinem ganzen Leben habe ich von einem Land namens Transnistrien (gerne auch Transdnestrien genannt) gehört. Du vielleicht??? Das liegt jetzt vielleicht daran, dass wir alle gemeinsam gröbere Bildungslücken haben. Oder daran, dass dieses Land so unbekannt ist, dass man es einfach nicht kennen kann. Ich glaube mittlerweile, eher weiteres ist der Fall… 😉

Erst als meine liebe Ex-Schwägerin Karin und ich uns auf den Weg nach Moldawien machten und den zugehörigen Reiseführer studierten, fiel uns das erste Mal auf, dass es ganz im Osten des Landes einen Streifen jenseits der Dnister gab, der auf der Landkarte lila gefärbt war. Das klang irgendwie interessant und besonders und so haben wir uns näher damit beschäftigt und und schließlich sogar auf den Weg dorthin gemacht.IMG_4505

Transnistrien ist ein Gebiet, eben jenseits des Flusses Dnister (auf Russisch Dnestr, daher kommt die etwas unterschiedliche Bezeichnung) das sich von Moldawien abgespalten hat und das sich fast ein bisschen trotzig vom Rest der Welt abkapselt. Es ist völlig an Russland orientiert und wird auch von dort unterstützt, entsprechend wird im ganzen Land nur Russisch gesprochen, auch wenn Transnistrien politisch gesehen immer noch zu Moldawien gehört. Als Währung gilt der Transnistrische Rubel, manchmal (aber wirklich nicht immer) lässt man sich jedoch auch dazu herab, moldawische Lei anzunehmen. Die Transistrier sehen sich als Russen und man fühlt sich bei einem Aufenthalt in diesem Land tatsächlich wie in einer Zeitkapsel in die alte Sowjetunion zurückversetzt. Hammer und Sichel zieren das Wappen Transnistriens und vor dem Parlamentsgebäude steht immer noch eine Lenin-Statue. Völlig skurril und fast ein bisschen unheimlich!IMG_1069.jpg

Von Chiçinau aus erreicht man Tiraspol, die Hauptstadt Transnistriens in etwa 1 1/2 Stunden Bahnfahrt – es gibt täglich nur 1 Zugverbindung hin und 1 zurück – oder nach etwa 2 Stunden in einem klapprigen Minibus. Das Zugticket für die 75 km lange Strecke kostet umgerechnet gerade mal 1 €, ein durchaus leitbarer Ausflug übrigens. Gleich bei der Einreise am Bahnhof muss man sich beim Immigrationsschalter (hallo – wir wollten nicht einwandern, wir waren nur Touristen und wir wollten GANZ sicher nicht dort bleiben!!!) registrieren und diverse Zettel ausfüllen – und man erhält dann die Erlaubnis, sich max. 10 Stunden in diesem Land aufzuhalten. Was passiert, wenn man länger bleibt, weiß ich nicht  – aber es ist wohl besser, es nicht drauf ankommen zu lassen…

Tiraspol verspürt den typischen Ost-Charme, wie man ihn sich schöner nicht vorstellen könnte. Plattenbau reiht sich an Plattenbau, Heldenstatuen sind in der ganzen Stadt verteilt. Regierungs- und Kulturpalast könnten kommunistischer nicht sein, weite Plätze erinnern an Bilder von riesigen Paraden und Aufmärschen, die unsereins nur aus dem Fernsehen kennt.IMG_1054

Als einzige Stadt auf der rechten Seite der Dnister gehört auch Bender noch zu Transnistrien. Die Stadt an sich ist nicht besonders sehenswert, schön ist allerdings die zugehörige Burg, die direkt am Flussufer lohnt. Vom Burgturm hat man einen herrlichen Ausblick über das Land – und bis ins verfeindete Moldawien hinein. Mit dem O-Bus Nummer 19 kann man Bender übrigens direkt von Tiraspol aus erreichen. Tickets gibt’s im Bus für wenige Rubel.IMG_4575IMG_1094

Ansonsten gibt es in Transnistrien keine nennenswerten Städte, aber viele kleine Dörfer. Einen herrlichen Blick über die Landschaft konnten wir bereits genießen, als wir das moldawische Kloster Tipova besuchten.IMG_0974

Sehr skurril ist auch, dass Transnistrien von einem Sheriff regiert wird, der von Tankstellen über das gesellschaftliche Leben bis zum Mobilfunknetz alles kontrolliert, was im Land so vor sich geht. Sogar der wichtigste Fussballverein des Landes inkl. das zugehörige Stadion ist nach ihm benannt: FC Sheriff Tiraspol.IMG_4555

Was uns überrascht hat war, dass sich in Tiraspol einige durchaus nette Lokale mit westlichem Standard finden. Für Kaffee und Kuchen empfiehlt sich zum Beispiel das Café Love auf der Lenin Straße 9, das lustiger Weise eine österreichische Kaffee-Marke führt. Das Restaurant Mafia auf der Straße des 25. Oktobers serviert japanische und italienische Küche – wir haben es getestet und für gut befunden…IMG_4527.jpg

Moldawien’s abtrünnige Region war mit Abstand das seltsamste Land, das ich bis jetzt besucht habe. Es war eine Erfahrung für sich und vor allem bei der Einreise etwas gruselig, aber durchaus sehenswert. Und wer kann schon von sich behaupten, je in Transnistrien gewesen zu sein?

Mein Transnistrien-Tipp: bei schönem Wetter laden die Sandstrände in Tiraspol durchaus zum Entspannen ein. Wir haben auch Leute gesehen, die in der Dnister gebadet haben, möchten das allerdings nicht unbedingt empfehlen. Weiter als bis zu den Knöcheln hätten wir uns nicht in dieses Gewässer getraut…

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