Die Wildnis ist es, die die Welt bewahrt. Henry David Thoreau (1817 – 1862)
Als Österreicher hat man ja immer ein bisschen das Gefühl, als würde die Donau uns gehören, sind wir doch nur zu stolz auf „unseren“ Donauwalzer, schlemmen „unsere“ Donauwelle und reden immer noch ein bisschen verträumt und der Geschichte nachhängend von „unserer“ Donaumonarchie. Dabei übersieht man aber gerne, dass wir bei Gott nicht die einzigen sind, durch deren Land sich die Donau schlängelt, sondern dass sowohl davor als auch danach noch einiges kommt. Ganz schön viel eigentlich, aber das hält uns nicht von unserer Freude an der schönen blauen Donau ab.
Die beiden Quellflüsse der Donau, Breg und Briegach entspringen im Schwarzwald bei Donaueschingen. Über 2875 km fließt die Donau danach als zweitlängster Fluss Europas (nur die Wolga ist noch ein bisschen länger) durch Mittel- und Osteuropa, bevor sie im Donaudelta ins Schwarze Meer mündet. 10 Länder passiert sie dabei – Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, ein kleines Stückchen Moldawien, die Ukraine und Rumänien, das haben wir alle in der Schule gelernt. Und während wir die Donau hier in Wien quasi täglich sehen und auch schon in vielen anderen Ländern in ihrem Verlauf gesehen haben, wollten wir nun auch wissen, wie denn das Ende der Donau so aussieht und wir wollten die Pelikane sehen, die dort noch in freier Wildbahn lebten. Das Donaudelta sollte ja wirklich ganz bezaubernd sein – und so haben sich die Halbstarken und ich eben das Donaudelta als einen der Höhepunkte unseres heurigen Sommer-Roadtrips ausgesucht.
Die Ukraine und Rumänien teilen sich ja die Ehre, diese wunderschöne Landschaft beheimaten zu dürfen. Wir haben den größeren, rumänischen Teil des Deltas erkundet, aber auch auf ukrainischer Seite ist das möglich, auch wenn der Tourismus dort noch weniger fortgeschritten ist als in Rumänien und die Organisation einer Reise dorthin vielleicht ein paar Hürden mehr mit sich bringt.
Das Donaudelta ist riiiiesig, nämlich 5800 m2, und steht unter strengem Naturschutz und wurde 1991 auch zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt – und wir standen bei unserem Besuch erst mal vor dem Problem, irgendwo „anfangen“ zu müssen. Im ganzen Delta gibt es 24 Ortschaften und eine kleine Stadt, nur 3 der Dörfer sind mit dem Auto zu erreichen, der Rest lediglich per Boot. Ganz am Rand des Deltas liegt Tulcea, eine Stadt mit etwa 90.000 Einwohnern, die von Touristen gerne als Ausgangspunkt für Expeditionen ins Donaudelta genutzt wird. Wir wollten allerdings etwas „näher dran“ sein und entschieden uns daher für das beschauliche Dorf Dunavatu de Jos, wo wir in einer einfachen Privatunterkunft, der Vila Rihanna, 4 Tage verbrachten. Nach Dunavatu de Jos ist die zivilisierte Welt quasi zu Ende. Die letzte Straße mündet in einen klitzekleinen Hafen, danach kommt nur mehr Wasser und Wildnis.
Auch wenn in den letzten Jahren der internationale Individualtourismus zugenommen hat, eine Reise ins Donaudelta (sofern man jetzt nicht mit einer organisierten Reise zB im Rahmen einer Donaukreuzfahrt dorthin fährt) ist anders, als wenn man in Mitteleuropa ein wenig „Wildnis“ erkunden möchte. Von Tulcea aus gibt es zwar sehr viele organisierte Fahrten ins Delta, möchte man jedoch ein bisschen eigenständiger und individueller unterwegs sein, bedarf das einiger Selbstorganisation und viel Herumfragen. Touristeninformationen gibt es – ebenfalls wieder abgesehen von Tulcea – nicht, aber es kennt meistens jeder irgendjemanden, der jemanden kennt… Du weißt schon…
Da all die Leute, die unsere Vermieterin kannte, aber niemanden kannten… wussten wir erst mal nicht so genau, wie wir nun weitermachen sollten und wie wir unserem Ziel – die Pelikane in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten – näher kommen würden. Dann tauchte aber eine Freundin der Vermieterin auf, die eine Freundin hatte und deren Mann…

Naja, kurzum, am nächsten Tag ging es los und der für uns organisierte Fischer brachte uns mit seinem klitzekleinen Boot hinein mitten ins Donaudelta. Diese Leute sind dort aufgewachsen und kennen die Gegend wie ihre Westentasche – für uns war es mit der Orientierung bald vorbei, das Labyrinth an kleinen Wasserstraßen, nur unterbrochen von ab und zu einem kleinen See, verwirrte uns völlig. Aber das machte nichts, wir kamen ohnehin aus dem Staunen nicht mehr raus, als wir durch diese wunderschöne Landschaft fuhren. Schilf und Seerosen, wohin man sah, die umliegenden Bäume wuchsen fast bis ins Wasser, sogar Kühe badeten im Wasser. Tiere ohne Ende – es machte uns Freude, im Dickicht all der Pflanzen dort, Frösche, Fische und Vögel zu entdecken.

Das kleine Motorboot machte leider ziemlich viel Lärm, sodass unser Fischer immer wieder den Motor abstellte, damit wir nicht all zu viel Vögel aufschreckten. Wir konnten Reiher beobachten, in schwarz und in weiß, Kolonien von Schwänen schreckten vor uns auf und flogen höchst beeindruckend mit einem Höllenlärm vor uns davon und schließlich, als das Wasserlabyrinth etwas lockerer wurde, schwammen sie endlich vor uns: die Pelikane!! Scheu sind sie, und natürlich nahmen sie Reißaus, als sie uns entdeckten, aber dennoch blieb genug Zeit, sie zu bewundern.

Wir konnten uns irgendwie gar nicht sattsehen und auch die Halbstarken waren begeistert und wollten immer weiterfahren, als der Fischer uns fragte, ob wir denn nicht schon zurück wollten. Neiiiiin!!!! Immer wieder fand er irgendwelche Wasserstraßen, die wir noch nicht abgeklappert waren, immer wieder tauchten neue gefiederte Bewohner vor uns auf, überall gab es etwas zu entdecken. Und dabei haben wir nur den kleinen, südlichen Teil des Donaudeltas gesehen, die Möglichkeiten dort wären wirklich unerschöpflich. Wir haben auch ein Pärchen getroffen, dass das Donaudelta überhaupt ganz alleine mit dem Kanu erkundet und dazwischen im Zelt übernachtet, das ist an einigen Stellen noch erlaubt, in der strengen Schutzzone jedoch nicht.
Mit Baden ist im Donaudelta natürlich nichts, das Wasser sieht auch sumpfig genug aus, dass man erst gar nicht wirklich auf die Idee kommen würde. Wenn man Lust aufs Schwimmen bekommt, muss man ganz hinaus fahren bis ans Schwarze Meer. Auch das haben wir uns zum Glück nicht entgehen lassen. Vom kleinen Ort Jurilovca aus gibt es Fähren, die nach Gura Portitei, einer kleinen Sandbank, die auf der einen Seite noch ans Delta, auf der anderen Seite schon ans Schwarze Meer grenzt.

Mit den Fähren und den Fahrplänen ist das allerdings nicht so einfach, es fanden sich jedoch am kleinen Hafen sehr schnell eine Hand voll anderer Leute, die ebenfalls dort hin wollten und ein Fischer bot an, für ein geringes Entgelt uns alle hinzubringen. Nun ja,… es war durchaus ein Abenteuer! In eine kleine, schaukelnde Nussschale wurden alle Leute gequetscht, die mitfahren wollten und wir überquerten SEHR wackelig einen riesigen See. Die Fahrt hat sich aber ausgezahlt – Gura Portitei ist entzückend! Es gibt dort nur ein kleines Hotel und ein Restaurant – ansonsten Sand und Muscheln, wohin das Auge reicht! Seeeehr idyllisch!
Die Donau teilt sich im Delta in 3 Arme auf – den Sfantu-Arm, den Chilis-Arm und den Sulina-Arm – am Ende des letzteren, dort wo das Schwarze Meer beginnt und der endgültige 0-Punkt der Donau festgelegt wurde, liegt die kleine Stadt Sulina, die wir ebenfalls besucht haben. Es wimmelt dort gerade so vor Schiffen, kleinen und großen, die ihre Reise von oder zu der Donau antreten. Sulina ist ein kleines bisschen touristisch, als mehr als unser winziger Ort Dunavatu de Jos, und so werden auch von dort viele Exkursionen ins Delta angeboten. Außerdem hat es den ganz großen Vorteil, dass es so weit draußen liegt, dass es auf der anderen Seite schon ans Meer grenzt und man daher auch herrlich dort baden kann.
Unser Ausflug ins Donaudelta – er war ein ganz, ganz eindrucksvolles Erlebnis und sicher einer der ganz großen Höhepunkte unserer heurigen Balkan-Reise. Die Urtümlichkeit der Natur, all die vielen, vielen Tiere und die Ruhe dort haben sich in uns tief eingeprägt und uns schwer beeindruckt.
Mein Donaudelta-Tipp: Als Ausgangsbasis unbedingt einen der kleinen Orte wählen, um das Delta hautnah zu erleben, einfache Quartiere werden fast in jedem Dorf angeboten. Die Vila Rihanna in Dunavatu de Jos, wo wir untergekommen sind, war schlicht, aber sauber und gleich daneben im Restaurant Pestisorul (Str. Dunareni 107, es ist leider keine Homepage verfügbar), findet man den besten Fisch der Gegend.
Hast du Lust darauf, noch mehr von Rumänien zu entdecken? Wie wäre es dann mit einem Abstecher nach Siebenbürgen… Gemeinsam können wir uns auf die Suche nach Graf Dracula machen…
4 comments on “DONAUDELTA – Reise bis ans Ende der schönen blauen Donau”