RILA – vom Berg ins Tal, vom Kloster zum See

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Die Natur allein ist unendlich reich, und sie allein bildet den großen Künstler. Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)

Rila – eine kleine Stadt im Süden Bulgariens. Auf der Landkarte kaum zu finden, aber in jedem Reiseführer als Top-Destination genannt. So unspektakulär Rila auf das erste Mal hören klingt, umso größer ist die Überraschung, wenn man dann selbst dort ist. Es stimmt schon, das Städtchen selbst macht wenig her. Eine lange Hauptstraße, ein paar Pensionen, mehr gibt es dort nicht. Aber der Hauptgrund, warum man unbedingt dort hin muss, ist ein anderer, oder besser gesagt, sind gleich zwei: einerseits das berühmte Rila-Kloster, andererseits der Nationalpark mit den 7-Rila-Seen. Auf unserer heurigen Balkan-Rundreise hatten wir das Glück, beides sehen zu können. Hätte ich mich für eines von beiden entscheiden müssen – es wäre mir sehr, sehr schwer gefallen und auch im Nachhinein wüsste ich nicht, wie diese Entscheidung wirklich ausgegangen wäre.

Von Sofia aus dauert es ca. 2 Stunden mit dem Auto, Rila zu erreichen. Nicht, weil die Strecke so lang ist, sondern weil die Wege in Bulgarien, sobald man die großen Hauptstraßen verlässt, eher, sagen wir mal, gewöhnungsbedürftig sind. Die drei Halbstarken und ich sind am Nachmittag angereist, wir wollten am selben Tag noch das Kloster besichtigen und hatten für den nächsten Tag eine Wanderung eben zu den 7-Rila-Seen geplant.IMG_5766

Kloster… nun, das klingt jetzt nicht soooo spektakulär. Kurz durchmarschiert, und das war’s dann schon, oder? Nun, das Rila-Kloster IST spektakulär, und wenn das sogar die Halbstarken sagen, für die momentan ja fast alles „cool“ sein muss, dann heißt das was. Das Kloster ist riesig – und wirklich beeindruckend!

Es liegt am Ende eines Tales auf über 1000 m Seehöhe und alleine die Anreise über viele Serpentinen in dem engen Tal ist hübsch. Man kann sich auch nicht verfahren, denn danach kommt nichts mehr – world’s end quasi. Der Klosterhof empfängt einen in schickem schwarz-weiß-gestreift und so richtig bunt wird es dann, wenn man sich der Kirche nähert. Dort gibt es Fresken über Fresken schon vor dem Eingang und an der Decke und drinnen sowieso auch – und alle erzählen eine Geschichte. Wohin man auch schaut, es gibt überall etwas zu sehen, Brunnen, einen Glockenturm, Arkaden. Die Kirche selbst ist, wie die meisten Kirchen in Bulgarien, orthodox und voll mit goldenen Verzierungen und Ikonen. Über 1000 Jahre ist das Rila-Kloster alt und bereits seit 1983 zählt es mit Recht zum UNESCO Welterbe.

Hinter der Kirche wird es etwas ruhiger und beschaulicher, die meisten Touristen kommen gar nicht bis hier her. Es lohnt sich aber sehr wohl, auch die hinteren Ecken zu erkunden und sich ein bisschen Zeit zu nehmen, sich die Malereien des Gebäudes etwas näher anzusehen oder einfach ein bisschen zu rasten und die Atmosphäre auf sich wirken zu lassen. Da das Kloster immer noch bewohnt ist, kann es schon mal passieren, dass einem zwei plaudernde Priester über den Weg laufen.IMG_2901

Das Kloster ist für jeden frei zugänglich, zu unserer Überraschung mussten wir nicht mal Eintrittsgeld bezahlen. Die Öffnungszeiten ändern sich je nach Jahreszeit, genaue Informationen findest du hier.IMG_5787

Wenn man den Klosterhof durch das hintere Tor verlässt, ist leider gleich wieder Schluss mit aller Beschaulichkeit, hier wird es nämlich wirklich touristisch, im Kloster selbst gibt es lediglich einen kleinen Shop, in dem man Ikonen und Postkarten kaufen kann. Wir waren alle nicht hungrig, sodass wir lediglich für ein Getränk dort eingekehrt sind. Nun ja, ich würde sagen, das war gut so. Von dort aus  kann man noch einen Blick auf den weiteren Verlauf des Tales werfen oder seinen Besuch in Rila beenden, oder man kann bereits von dort zu einer Wanderung in den Rila-Nationalpark aufbrechen.IMG_3041

Uns stand aber vor unserem Wandertag (die Ankündigung eines solchen kommt bei Halbstarken erst mal nicht sonderlich gut an, aber darauf konnte ausnahmsweise keine Rücksicht genommen werden, zu verlockend waren doch die Berichte über die wunderschönen Wanderwege im Rila-Gebirge…) noch eine Übernachtung im kleinen  Family Hotel Gorki Kut bevor. Ich muss zugeben, das war ein bisschen ungünstig gewählt. Nicht nur, dass sich das Family Hotel offenbar auf die Führung des Hotels durch eine einzige Familie (oder besser gesagt, auf das Familienoberhaupt, der hier praktisch Mädchen für alles und entsprechend genervt war) beschränkte, war es auch als Ausgangspunkt für unsere Bergtour suboptimal, da wir am nächsten Morgen nochmal fast 2 Stunden bis zum Beginn unserer Wanderung fahren mussten, praktisch einmal um den ganzen Berg herum. Falls du einen Besuch ähnlich wie dem unseren planst, mach es besser und wähle lieber eine Unterkunft etwas näher beim Startpunkt für die Seen-Wanderung. Das Städtchen Dupniza würde sich anbieten, von dort aus ist man in etwa 1/2 Stunde dort.IMG_2947

Ausgangspunkt für diese Tour ist der kleine Ort Saparewa Banja. Von dort aus geht es erst mal über viele, viele Kurven immer bergauf bis zur Talstation des Liftes auf 1600 m Seehöhe. Im Winter ist dort tatsächlich ein Schigebiet und wir hätten ja gehofft, dass die Après Ski Bars geöffnet hätten – dem war aber nicht so. Ansonsten gibt es dort aber alles, was das Touristenherz begehrt (oder auch nicht…), Imbissbuden, Souvenirshops etc. und alles läuft sehr organisiert ab. Ich weiß nicht, warum ich die Illusion hatte, dass die 7 Rila Seen eine Art Geheimtipp wären, vielleicht wegen der Anreise, die ja nicht unaufwändig ist, auf jeden Fall waren wir überrascht, wie viele Leute dort unterwegs waren, Einheimische, aber durchaus auch viele Touristen.IMG_2936

Der Sessellift bringt einen auf den Berg hinauf auf 2100 m, eine wirkliche Idylle, wie bei uns in den Alpen. Und von da an geht es nun aber wirklich zu Fuss weiter. Terrassenförmig sind die 7 Rila Seen angeordnet und es gibt einen gut ausgeschilderten Rundweg von der Bergstation bis ganz zum Gipfel und auf einer anderen Route wieder zurück, wobei es auch etliche Abkürzungen gibt, wenn man wenig Zeit hat, oder nicht zu allen Seen möchte. Die Menschenmassen schlängeln sich fast alle nach rechts hinauf, wir haben die Gegenrichtung gewählt und sind von dort aus gestartet, was sich als sehr gut erwiesen hat, weil wir doch stellenweise ganz alleine waren und uns die schönen Ausblicke nicht mir anderen Wanderern teilen mussten.IMG_2953

Der Weg ist einfach und mit normalen Sportschuhen gut zu bewältigen, je nach notwendigen Pausen sollte man jedoch schon 4-5 Stunden einberechnen um genug Zeit zum Staunen und Genießen zu haben. Denn die wird man brauchen, die Ausblicke sind einfach wunder-, wunderschön und das Panorama scheint sich nach allen paar Schritten zu ändern. Die Tour ist wirklich kurzweilig, weil es soooo viel zu entdecken gibt und kaum hat man den einen See bewundert, taucht auch nach dem nächsten Anstieg der nächste auf und versetzt einen neuerlich in Erstaunen. Jeder See hat entsprechend seiner Form einen eigenen Namen. Da gibt es das Dreiblatt, den Zwilling oder die Niere – entzückend, oder?IMG_2977

Hat man den Nierensee erreicht, geht es über einen relativ steilen Anstieg hinauf zum Auge und schließlich zum Tränensee. Und dann sind es nur noch wenige Schritte bis zum Gipfel, von dem aus man als Belohnung schließlich alle sieben Seen auf einmal überblicken kann. Weißt du, wie schön??? Sogar die Halbstarken waren wirklich berührt und begeistert und wir haben diese tolle Umgebung erst mal eine Zeit auf uns wirken lassen, bevor wir natürlich ein paar Erinnerungsfotos schießen mussten.IMG_5881IMG_3025

Bergab ging es dann ganz gemütlich und mit etlichen Verschnauf- und Ausblick-Pausen. Die Wanderung zu den Rila-Seen ist nichts für Leute, die es eilig haben, sie ist etwas zum Seele-baumeln-lassen. Sie erfordert keine sportlichen Höchstleistungen und ist weder von der Distanz noch von den zu überwindenden Höhenmetern eine besondere Herausforderung. Sie ist nichts, dass man einfach so als „gesehen“ ab haken sollte, und auch bestimmt nicht tun möchte, sie ist etwas für alle Sinne. Und sie entlohnt mit einer unglaublichen Landschaft, die man gerne einfangen und mitnehmen möchte, an der man sich eigentlich nicht sattsehen kann. Auch wenn man dort durchaus nicht allein ist, hat man doch immer wieder das Gefühl, eins zu sein mit der wunderschönen Natur.IMG_2965

Es war wohl auch ein großes Glück, dass wir einfach ein Traumwetter für unseren Wandertag erwischt hatten, denn so wirkte alles gleich nochmal so farbenfroh und intensiv und auf unserer Balkan-Rundreise waren die Tage in Rila sicher welche der allerschönsten und unvergesslichsten.

Mein Rila-Tipp: Plane unbedingt genug Zeit für einen Besuch in Rila ein, für die Wanderung kannst du einen ganzen Tag veranschlagen. Die Rila-Seen werden dich in ihren Bann ziehen und es wäre doch schade, sie nicht genießen zu können, oder?

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