Wenn du die Speisen ablehnst, die Brauchtümer ignorierst, die Religion fürchtest und die Menschen meidest, bleibst du besser Zuhause. James Michener (1907-1997)
Eigentlich eher zufällig sind die Halbstarken und ich in Maulbronn gelandet, weil es fast direkt auf unserem Weg von München nach Strassburg lag und wir auf der Reise plötzlich soooo hungrig geworden sind dass wir eine kleine Pause einlegen mussten. Und weil uns ein bisschen Kultur ja noch nie geschadet hat (auch wenn die Halbstarken das anfangs oft, ein bisschen anders sehen, fügen sie sich dann doch in meine Besichtigungsideen und sind schlussendlich dann ja auch meistens begeistert…), haben wir dabei auch gleich das alte Kloster besichtigt.
Maulbronn an sich ist eine kleine, beschauliche Stadt nördlich von Pforzheim mit gerade mal 6.500 Einwohnern. Ein paar Fachwerkhäuser am Hauptplatz, einige Geschäfte, mehr gibt es dort nicht zu sehen. Wäre da nicht, ja wäre da nicht das berühmte Zisterzienserkloster, das den Ort so richtig aufpeppt!
Kloster? Langweilig! Nein, bei Gott nicht!!! Das Kloster Maulbronn ist eine großartige Anlage, die einen, einmal durch das alte Klostertor betreten, in eine andere Zeit verzaubert.
Bereits von außen erinnert das Kloster mit seinen Türmen und dem ehemaligen Wassergraben eher an eine Burg als an ein klerikales Gebäude. Wir hatten das große Glück an einem wirklich schönen Herbsttag dort gewesen zu sein, sodass auch die Umgebung mit den vielen Weinbergen noch eine ganz bezaubernde Atmosphäre kreierte.
Das Herzstück des ganzen Ensembles ist natürlich das Kloster selbst. Daneben gibt es aber einen riesigen Klosterhof mit allerhand Nebengebäuden, die zum Teil noch aus dem Mittelalter stammen. Mittelalter – das Interesse der Halbstarken war prompt erwacht, sie mutierten beinahe zu Rittern und sausten mit Begeisterung über das Gelände. Wie herrlich war es auch, sich nach fast 3 Stunden im Auto ein bisschen zu bewegen! Die Klostermühle faszinierte ebenso wie die ehemalige Bäckerei und der riesige alte Speicher, der immer noch gut erhalten ist.
Der Klosterhof ist frei zugänglich, für die Besichtigung des Klosters und die Sonderausstellungen ist ein Eintrittspreis von 7,50 € fällig (Kinder 3,80 €). Mit Audioguide kann man sich selbständig auf Erkundungstour begeben, es werden allerdings auch Führungen angeboten und ich muss sagen, es lohnt sich wirklich.
Das Kloster Maulbronn zählt zum UNESCO Welterbe, alleine deshalb sollte man es schon gesehen haben. Und auch wenn ich finde, dass sich Klöster ja oft schon sehr ähneln (genauso wie Burgen und Schlösser und Kirchen es auch tun…), so finden sich doch einige Besonderheiten: Sehr interessant ist das Chorgestühl in der Klosterkirche, in dem die ehemaligen Mönche früher 5 mal täglich gebetet haben. Das erste Gebet fand schon in den frühesten Morgenstunden statt, das letzte erst um Mitternacht. Aus praktischen Gründen gab es daher eine direkte Stiege von den Schlafgemächern bis in die Kirche, über die die Mönche damals halbschlafend zum Gebet torkeln konnten. Welch eine Vorstellung, fünf mal täglich in der Kirche zu sitzen (bzw. hier eher zu stehen), oder?

Die Vorhalle der Kirche nennt sich übrigens Paradies und ist ein architektonisches Meisterwerk eines unbekannten Künstlers. Zugegeben, das „Paradies“ hab ich mir immer ein bisschen anders vorgestellt, aber ich bin da ja flexibel…

Ganz toll ist auch das Brunnhaus aus dem 14. Jahrhundert im Innenhof des Klosters. Wenn du schon mal Bilder vom Kloster Maulbronn gesehen hast, dann wahrscheinlich von hier, der Brunnen dort ist nämlich quasi der Fotostar der Anlage und tatsächlich fand sich, obwohl während unseres Besuchs sonst nicht sehr viele Leute dort waren, eine kleine Menschen-Schlange davor. Selfie-Time im Kloster!!
Die Ursprünge des Klosters gehen übrigens auf das 12. Jahrhundert zurück und es findet sich eine Mischung verschiedener Baustile von Romantik und Gotik, was ja auch den besonderen Reiz der Anlage ausmacht. Drumherum, außerhalb der Klostermauern, finden sich etliche bereits von den Zisterziensern angelegte Fischteiche in einer teilweise sehr naturbelassenen Landschaft. All dies zusammen hat dazu geführt, dass das Kloster Maulbronn und seine Umgebung als Gesamtbild als die am besten erhaltene Klosteranlage Mitteleuropas gilt. Wasserwirtschaft und Fischzucht waren seit jeher ein besonderes Steckenpferd der Zisterzienser. Heute werden die Teichanlagen auch freizeittechnisch genützt, man kann dort schwimmen und sogar Tretboote ausborgen. Wie schade, das wir dafür keine Zeit hatten!
Im Besucherzentrum finden auch wechselnde Ausstellungen statt, im Jahr von Martin Luther war es daher nur naheliegend, dass es auch eine Ausstellung über die Reformation in Baden-Württemberg zu sehen gab. Unterhaltung gibt’s im Klostergelände also genug. Es finden sich dort auch einige Souvenirgeschäfte, ein Bücherladen, ein Café und das Klosterrestaurant.
Mönche gibt es in Maulbronn schon seit vielen Jahren keine mehr. Die ursprüngliche Klosterschule, in der Mönche ausgebildet wurden, ist heute das evangelische Seminar, ein Gymnasium für Mädchen und Burschen. Hermann Hesse war übrigens der berühmteste Schüler von Maulbronn. Wieder was gelernt, nicht wahr?
Was uns besonders fasziniert hat, sind die vielen Anekdoten, die es um das Kloster Maulbronn gibt. So soll es zum Beispiel eine Maultier gewesen sein, das im 12. Jahrhundert mit seinen Hufen eine Wasserquelle freilegte, und just an dieser Stelle wurde das Kloster errichtet. Oder hast du schon mal vom Wunder von Maulbronn gehört? Einmal im Jahr, am 21.Juni zwischen 11 und 12 Uhr, scheint die Sonne (so sie denn scheint) genau so durch ein Kirchenfenster, dass die Dornenkrone der großen Christusstatue in der Kirche rot leuchtet und wie Blut aussieht. Das ist fast ein bisschen gruselig, findest du nicht?
Dann gibt es auch noch die Geschichte von Doktor Faustus, den Wunderheiler und Alchemisten, der angeblich seinerzeit in dem nach ihm benannten Faust-Turm gelebt und gearbeitet hat und Goethe als Vorbild für sein Buch diente.
Oder hast du schon mal von „Maultaschen“ gehört? Na, woher kommen die wohl? Genau, aus MAULbronn. Und weißt du, was es damit auf sich hat? Früher durften die Mönche in der Fastenzeit ja kein Fleisch essen. Ein besonders findiger Mönch kam aber zu einem Stück Fleisch, das er natürlich auch nicht entsorgen wollte, und so hat er es faschiert und unter Gemüse gemischt. Und damit Gott nicht sah, dass die Mönche in der Fastenzeit Fleisch aßen, wurde es in Nudelteig eingepackt und dann eben so verspeist. Wir haben es den Mönchen gleich getan und konnten es uns natürlich nicht nehmen lassen, diese Spezialität im Klosterrestaurant zu probieren. Das Lokal geht zwar schon als ziemlich „touristisch“ und eher hochpreisig durch, aber die Maultaschen waren ausgesprochen lecker. Und so hat sich’s ja doch gelohnt.
Tja, du siehst also, dieser Besuch war durchaus amüsant und kurzweilig und hat uns allesamt begeistert. Muss man irgendetwas mit Religion am Hut haben, um dem Kloster Maulbronn einen Besuch abzustatten? Absolut nicht, die ganze Anlage an sich ist wirklich sehenswert. Wenn du also mal in der Nähe bist, schau vorbei, ich bin mir sicher, es wird dich genau so begeistern wie uns. Halbstarke, die nach dem Besuch meinen „war schon cool“, sind doch der beste Beweis dafür!
Praktische Informationen:
Öffnungszeiten:
1. März bis 31. Oktober Mo-So 9 – 17.30 Uhr, 1. November bis 28. Februar Mo-So 9 – 17 Uhr
Eintrittspreise:
Erwachsene: 7,50 €, Ermäßigt 3,80 €
Homepage: www.kloster-maulbronn.de
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