Um zur Quelle zu kommen, muss man gegen den Strom schwimmen. Chinesisches Sprichwort.
Meine liebe (Brief)Freundin Lizzie hat es vor etlichen Jahren nach Bath verschlagen, wo sie seitdem an der dortigen Uni Deutsch unterrichtet – Grund genug, ihrer Einladung nachzukommen und dieser entzückenden südenglischen Stadt auch selbst einmal einen Besuch abzustatten.
Die Anreise von Wien aus ist denkbar einfach, seit die EasyJet Direktflüge nach Bristol anbietet. Von dort nach Bath gibt es eine direkte Busverbindung und in 45 min ist man mit einem Doppeldeckerbus – very British – auch schon im Zentrum von Bath.
Für mich, die ich zwar schon viel herumgekommen, aber noch ziemlich Britisch-naiv war (ich war lediglich zweimal in London gewesen, ansonsten kenne ich vom löblichen Königreich gar nichts), haben sich dort so ziemlich alle Erwartungen, die ich an England hatte erfüllt, und mehr noch: sie wurden übertroffen!
Bath an sich ist eine sehr, sehr hübsche Stadt mit etwa 85.000 Einwohnern. Es ist Universitätsstadt, Ursprung der einzigen heißen Quelle des Britischen Königreichs (nicht, dass ich das vorher gewusst hätte… – aber jetzt weiß ich’s…). Unzählige kleine Gässchen laden zum Flanieren ein und es gibt unzählige Pubs, Tearooms und entzückende Geschäfte wo man – ebenfalls very British – in hübschem Design von Kleidung, über Tee, Deka-Schnick-Schnack bis zu Papierwaren (ich habe mir enorme Vorräte an Briefpapier angelegt, beinahe mehr, als der EasyJet beim Rückflug recht war…) Das Stadtbild ist geprägt von gregorianischen Bauten des 19. Jahrhunderts, die ungewöhnlich gut erhalten sind. Am Herausragendsten ist sicher der „Circus“, ein kreisrunder Platz umgeben von Wohnhäusern, und der „Royal Crescent“, die Top Adresse der Stadt.
Eine ganz spezielle Brücke überspannt den Fluss Avon: die Pulteney Bridge. Sie beherbergt – wie die Ponte Vecchio in Florenz – Geschäfte und zählt wie ihre große Schwester zu den schönsten Brücken der Welt. Unbedingt einen Besuch wert ist auch die Abbey, aber die lässt sich bei einem Spaziergang durch Bath ohnehin nicht übersehen, und – als absoluter Höhepunkt und gleich daneben gelegen: die Römischen Bäder. Diese gehen auf das 1. Jahrhundert n.Chr zurück, wo in „Aqua Sulis“ von den Römern die heißen Quellen entdeckt wurden. Baden kann man darin heute nicht mehr (möchte man wohl auch nicht, so einladend schaut das Wasser dort auch nicht mehr aus), aber man erfährt auf toll aufbereitete Art und Weise eine ganze Menge über das damalige Leben in der Stadt. Wer Zeit und Lust hat, kann sich aber danach im modernen Spa erholen (da ich hier in Wien ja von heißen Quellen umgeben bin, hab ich das aber ausgelassen).
Sehr beeindrucken ist auch der Kennet-and-Avon Kanal, der sich über 140 km durch die Landschaft schlängelt und den Bristolkanal mit der Themse verbindet. Er wird mit sogenannten „Narrowboats“, langen, schmalen Hausbooten befahren, die Schleusen werden teilweise von den Schiffsführern selbst bedient.
Als eine der bekanntesten Töchter der Stadt hat sich Jane Austen wie es scheint sehr viel dabei gedacht, als sie sich in Bath niedergelassen hat – und man ist in der Stadt auch mächtig stolz auf sie, denn es scheint wirklich, als würde man ihr auf Schritt und Tritt zu begegnen.
Sehr positiv überrascht war ich auch von der Englischen Gastronomie. Heißt es doch immer, dass man in diesem Land nirgends gut essen kann, so wurde ich tatsächlich – Lizzie als quasi Einheimischer sei Dank – eines Besseren belehrt. Unzählige Tearooms laden zu Tee, Kaffee und herrlichem Kuchen ein, Mittags kehrten wir in einem kleinen aber feinen Deli ein und am Sonntag Abend genehmigten wir uns einen ganz traditionellen „Sunday Roast“ im Pub. Wirklich lecker und seeehr empfehlenswert (das komische Gebilde auf meinem Teller nennt sich übrigens Yorkshire Pudding und schmeckt wie Brandteigkrapfen… Yummy – and very British)
Um ein bisschen Landluft zu schnuppern und richtiges Rosamunde Pilcher Feeling zu gewinnen, entführte mich Lizzie nach Bradford-on-Avon, einer beschaulichen Kleinstadt nur eine halbe Zugstunde von Bath entfernt, ebenfalls am Kennet-and-Avon Kanal gelegen. Eine alte Steinerne Brücke, das Tithe Barn (ein riesiger Speicher) und eine alte Sächsische Kirche zählen zu den Hauptsehenswürdigkeiten der kleinen Stadt, die vor allem durch ihr Flair besticht. Von außen eher unscheinbar und fast ein bisschen furchteinflößend, verbrachten wir in „The Bridge Tea Rooms“ eine herrliche Tea Time mit Sandwiches und – very British – a cup of Tea.
Den Abschluss meines Kurztrips nach England bildete ein Abstecher in das entzückende Salisbury mit seiner beeindruckenden Kathedrale (mit dem höchsten Kirchturm Englands, für all die Rekordlüsternen unter euch) und von dort weiter nach Stonehenge.
Einmal muss man diese imposanten Steinkreise wirklich gesehen haben! Ebenso mystisch wie die ganze Umgebung dort war das Wetter – ebenfalls very British – mit Sturm und Regen. Es hätte nicht besser passen können!! Nichtsdestotrotz sind einige stimmungsvolle Fotos zum Teilen entstanden und die Erinnerung an diesen besonderen Ort bleiben hoffentlich ganz laaange bestehen.
Schnell, ja viel zu schnell ging dieses „very British“ Wochenende zur Neige, das nicht zuletzt Dank der Bemühungen meiner lieben Freundin Lizzie zu einem tollen Erlebnis wurde. Und gelernt habe ich auch einiges – ihr doch nun jetzt wohl auch!?
Mein Bath-Tipp: Das Widcombe Deli, Claverton Buildings im Stadtteil Widcombe bietet in gemütlicher Atmosphäre herrliche Pies, Salate und Kuchen an. Wenn man Glück hat, ergattert man sogar einen der Sitzplätze direkt am Auslagenfenster und kann gleichzeitig entspannt Passanten beobachten
Love Yorkshire pudding!
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Ich jetzt auch, seit ich weiß, was das ist!
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